Strukturelle Stärkung der Migrant*innen- und Elternorganisationen

Demokratisch aufgestellte Migrant*innen- und insbesondere Elternorganisationen sind oft der erste Ansprechpartner für neu zugewanderte Eltern, die Schwierigkeiten haben, sich im deutschen System zurechtzufinden. Damit verfügen sie über einen exklusiven und vertrauensvollen Zugang zu Eltern und Familien, deren Teilhabe durch zahlreiche institutionelle Barrieren und mangelnde Kenntnisse des politischen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland erschwert ist. Diese Zielgruppen gelten weitgehend als „schwer erreichbar“. Insbesondere an der Schnittstelle zwischen herkunfts- und armutsbedingten Defiziten bieten sich weitreichende Unterstützungsmöglichkeiten und ein Ansatz, um gesellschaftliche Problemlagen lösen zu helfen.

Die Organisationen unterstützen die Eltern und Familien in Bezug auf den Bildungsweg und die gesellschaftliche Teilhabe ihrer Kinder sowie hinsichtlich weiterer familiärer Problemlagen, meist im Rahmen aufopferungsvoller ehrenamtlicher Tätigkeit, während professionelle Angebote der Unterstützung für sie wenig zugänglich sind. Ehrenamtliche Tätigkeiten sind nur dann dauerhaft erfolgreich, wenn diese durch Hauptamtliche unterstützt werden und klare Qualitätsstandards gewährleistet sind. Ehrenamtliche übernehmen viele Aufgaben, die in den Bereich kommunaler Pflichtaufgaben fallen, unentgeltlich und leisten damit einen bisher zu wenig wertgeschätzten Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt: sie unter-stützen Familien ganzheitlich und oft über einen langen Zeitraum hinweg, bieten psychosoziale Unterstützung und helfen in allen möglichen Lebenslagen.


Diese Organisationen müssen strukturell und finanziell gestärkt werden, damit: 

  • Migrant*innenorganisationen sich professionalisieren und strukturell verankern können, um Angebote der Unterstützung für Familien selbst wahrnehmen zu können, anstatt die Familien lediglich an Fachdienste weiter zu verweisen. Migrant*innenorganisationen sollten unterstützt werden, Angebote wie Familien- und Erziehungsberatung, psychosoziale Beratung, Sozialberatung, Schullaufbahnberatung etc. aufbauen zu können und damit zielgruppengerechte Angebote auszubauen.
  • die Zugänglichkeit sämtlicher Unterstützungsangebote für Familien mit Einwanderungsgeschichte erleichtert wird, und zwar in Zusammenarbeit mit Migrant*innenorganisationen, Elternvereinen und Selbsthilfenetzwerken (siehe „Elternsein in Deutschland“, 9. Familienbericht in Kurzfassung, S. 26). Die interkulturelle Öffnung der Regeldienste und die Erweiterung der finanziellen Grundlagen für migrationssensible Unterstützungsangebote sind weiter notwendig, ersetzen aber nicht den communitybasierten Ansatz der migrantischen Akteur*innen.
  • migrantische Organisationen ihre wichtige Rolle für die Kommunikation in gesellschaftlichen Krisenzeiten besser wahrnehmen können. Sich im Bildungssystem nieder-schlagende Krisen wie die Coronapandemie, der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder der Krieg in Israel/Palästina können mit der Unterstützung von Migrant*innenorganisationen besser gemeistert werden, die bei entsprechender Ausstattung eine wichtige Rolle bei der Kommunikation mit Eltern sowie bei der Erstellung von Konzepten für die schulische Verarbeitung derartiger Krisen unterstützen können.

Hier finden Sie das ganze Positionspapier 


Literatur
BMFSFJ (2021): Elternsein in Deutschland, 9. Familienbericht.