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Werden migrantische Schüler*innen bei der Benotung wirklich bevorzugt?

Schüler*innen

09.02.2025

Eine Untersuchung des Leibniz-Instituts und der Universität Duisburg-Essen (2025) zeigt überraschende Ergebnisse: Werden Schüler*innen mit MG von Lehrer*innen bewertet, sollen sie tendenziell bessere Noten erhalten als in standardisierten Tests.

Besonders ausgeprägt sei das Phänomen bei benachteiligten Schüler*innen und solchen mit einer türkischen Migrationsgeschichte. 

Aber: Die Studie steht im Gegensatz zu vergangenen Untersuchungen. 

1. Bonefeld und Dickhäuser (2018): Eine experimentelle Untersuchung mit angehenden Lehrkräften ergab, dass identische Diktate unterschiedlich bewertet wurden. "Murat" erhielt schlechtere Noten als "Max" bei gleicher Fehleranzahl.

2. Gilgen und Nennstiel (2024): Eine Untersuchung der Notenvergabe in deutschen Sekundarschulen ergab, dass Schüler*innen mit MG und höherem Körpergewicht oder niedrigerem sozialem Status systematisch schlechter bewertet werden. 

3. Harms & Edele (2025): Die Forschung zeigt, dass Schüler*innen mit MG bei gleicher Leistung in den Fächern Deutsch und Mathematik durchschnittlich schlechter benotet werden. Zudem erhalten sie seltener Gymnasialempfehlungen, selbst wenn ihre Ergebnisse in standardisierten Leistungstests oder kognitiven Fähigkeitstests vergleichbar sind. Benachteiligung sei besonders ausgeprägt für Kinder der ersten Zuwanderungs-generation. 

Resonanz

Dr. Sandra Gilgen kritisiert die Studie des Leibniz-Instituts aufgrund einer fehlenden Unterscheidung nach Schulformen. Da Gymnasien tendenziell strenger benoten als Haupt- oder Realschulen und Schüler*innen mit MG seltener Gymnasien besuchen, könnte dies zu insgesamt milderen Noten führen - nicht wegen einer Bevorzugung durch Lehrkräfte, sondern aufgrund unterschiedlicher Bewertungsstandards.

Anja Treichel, Geschäftsführerin des bbt, wies in einem Interview mit dem Deutschlandfunk darauf hin, dass viele Lehrer*innen die strukturelle Benachteiligung von Schüler*innen im Bildungssystem erkennen und möglicherweise aus pädagogischen Gründen besser benoten. Zugleich sprach sie auch bekannte Fälle von Diskriminierung an z.B. wenn Lehrer*innen migrantischen Kindern grundsätzlich kein “Sehr gut” geben.

Quellen: 

- Bredtmann, Otten, Vonnahme. 2025. Discrimination in Grading? Evidence on Teachers’ Evaluation Bias Towards Minority Students. Leibniz-Instut & Universität Duisburg-Essen.
- Bonefeld, Dickhäuser. 2018. (Biased) Grading of Students Performance: Students’ Names, Performance Level, and implicit Attitutedes. Universität Mannheim. 
- Edele, Harms. 2025. Welche Bedeutung hat rassistische Diskriminierung für die Bildungsergebnisse migrantischer Schüler*innen in Deutschland? Humboldt Universität.