PartEl-Newsletter: Rückblick auf das Jahr 2024

versendet am 08.01.2025


Liebe Leser*innen,

2024 hat das PartEl-Team einige wichtige Schritte dahingehend unternommen, unsere Arbeit im Kontext „Partizipation von Eltern aus Drittstaaten stärken“ fachlich qualifiziert zu gestalten und institutionell zu verankern. So konnten wir im November 2024 mit Veranstaltungen in Berlin, Magdeburg und Köln unsere bundesweite Schulungsreihe für Mulitiplikator*innen erfolgreich abschließen und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit Fachpapiere zum Thema „Elternbeteiligung in Ostdeutschland“ und „Ausschluss und Teilhabe in der frühkindlichen Erziehung und Bildung“ vorlegen. Unsere bundesweite Gremienarbeit hat zu wichtigen Erkenntnissen hinsichtlich der Herausforderungen und Potenziale einer zielgerichteten und nachhaltigen Kooperation mit Akteur*innen der Bildung, Politik und Zivilgesellschaft geführt. Auch die große Vielfalt der deutschen Bildungslandschaft wurde hier noch einmal deutlich. 

Für das Jahr 2025 liegt unser Augenmerk auf der Veröffentlichung eines Konzeptes und eines Handbuches zur Einbeziehung migrantischer Eltern in die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft sowie auf der Organisation einer PartEl-Fachkonferenz im Rahmen derer die wichtigsten Projektergebnisse vorgestellt werden. Darüber hinaus ist es unser Ziel, die Kooperation mit unseren Partner*innen LAMSA e.V., Back on Track e.V., FöTED e.V.AMFN e.V. und BVRE e.V. weiter zu professionalisieren und die Entwicklung von relevantem Fachwissen voranzutreiben. 

Nur mit fundierten Erkenntnissen und Methoden sowie einem inklusiven Ansatz können wir dafür sorgen, dass die Rolle von Eltern aus Drittstaaten im Bildungswesen nachhaltig gestärkt wird und die Mitglieder des bbt dabei eine tragende Rolle spielen. 

PartEl-Bild

Unsere Themen:


Gründung des Migrant*innen Elternnetzwerk Schleswig-Holsteinnach oben

Im Rahmen des Projektes PartEl und in enger Zusammenarbeit mit der Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen Schleswig-Holstein fand im November 2024 die offizielle Gründungsveranstaltung des regionalen Migrant*innenElternNetzwerk (MEN) im Kieler Landeshaus statt. 

Das Migrant*innen Elternnetzwerk Schleswig-Holstein vereint Migrant*innenorganisationen, Elterninitiativen, Eltern sowie engagierte Multiplikator*innen, um die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte nachhaltig zu verbessern. Durch die Mobilisierung von Multiplikator*innen spielt das Netzwerk eine entscheidende Rolle dabei, Gremien im Bildungs- und Erziehungsbereich zu öffnen und den Stimmen von Familien mit Migrationsgeschichte Gehör zu verschaffen. Darüber hinaus bietet es eine wertvolle Plattform, auf der Eltern nicht nur Informationen und Ressourcen erhalten, sondern auch ermutigt werden, sich aktiv für die Bildungsgerechtigkeit ihrer Kinder einzusetzen.

Die Gründung von MEN Schleswig-Holstein stellt einen bedeutenden Schritt für das genannte Bundesland dar und hat auch das Potenzial, als Modell für die Entwicklung ähnlicher Netzwerke in ganz Deutschland zu fungieren. Momentan gibt es bundesweit drei Migrant*innenElternNetzwerke in Niedersachsen, Hamburg und Bremen, deren Zusammenarbeit die bundesweite Elterngremienarbeit erheblich stärken. 


Polarisierung in den ostdeutschen Bundesländernnach oben

Die Regionalstelle Ost hat sich in den vergangenen Monaten besonders mit der zunehmenden politischen Polarisierung und der damit verbundenen Stimmungsmache gegenüber zugewanderten Familien in Ostdeutschland auseinandergesetzt. In den im Rahmen des Projektes PartEl stattfindenden Multiplikator*innen-Schulungen begegneten dem Team immer wieder Fachkräfte, die mit Vorurteilen zu kämpfen haben.

Pädagogische Mitarbeitende in Schulen und Kitas betreuen heute Kinder mit vielfältigen sozialen Hintergründen und stehen täglich vor der Herausforderung, Chancengleichheit zu fördern. Trotz Kitaförder- und Schulgesetzen fehlen jedoch oft die notwendigen finanziellen und personellen Mittel, um allen Kindern die individuelle Förderung zukommen zu lassen, die sie benötigen.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen Lösungen auf: kleinere Klassen, mehr Zeit für individuelle Förderung, Wertschätzung von Mehrsprachigkeit sowie gezielte Angebote zur Demokratie- und politischen Bildung. Elternarbeit nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Diese könnte durch Sprachmittlung in Elterngesprächen, mehrsprachige Informationen und die Zusammenarbeit mit lokalen Netzwerken gestärkt werden. Ein höheres Maß an Mitbestimmung und Mitsprache für Eltern aus Drittstaaten könnte ebenfalls dazu beitragen, Bildungs- und Erziehungsfragen gemeinsam anzugehen.

Ost

Kritik am Berufungsverfahren des Landeselternbeirats Bayernnach oben

Der Landeselternbeirat in Bayern wurde in diesem Jahr erstmals berufen, um die Interessen der Eltern auf Landesebene zu vertreten. Voraussetzung für die Berufung ist die Mitgliedschaft im Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung sowie die Nominierung durch einen der vorschlagsberechtigten Verbände, wie z.B. dem Bayerischen Gemeindetag oder der Arbeiterwohlfahrt. Die Auswahl der Mitglieder erfolgt per Zufallsverfahren.

Die Regionalstelle Süd äußerte Bedenken, dass dieses Verfahren nicht die gesamte Vielfalt der Elternschaft widerspiegelt und zu Interessenkonflikten führen könnte. Das Ministerium verteidigte jedoch die Zufallsauswahl als Mittel zur Förderung einer vielfältigen Zusammensetzung des Beirats, da dieser keine Mitwirkungsrechte, sondern lediglich ein Anhörungsrecht hat.

In einer Stellungahme von Juni 2024 verwies das bbt darauf, dass angesichts des wachsenden Anteils von Kindern mit Migrationsgeschichte in den bayrischen Kindertageseinrichtungen ihren Eltern ein "niedrigschwelliger Zugang durch feste Repräsentanz in dem Gremium gesichert sein muss, um Interessenvertretung, Teilhabe und Chancengleichheit zu ermöglichen".

Die Wichtigkeit einer strukturell geförderten Teilhabe migrantischer Eltern, die sich bundesweit im Bildungssystem großen Hürden gegenübersehen, findet in der Politik und Verwaltung Bayerns noch wenig Anerkennung. Ein Zufallsverfahren kann aus Perspektive des Bundeselternnetzwerk nicht die informierte Einbeziehung marginalisierter Gruppen ersetzen. 

Recht

Abschluss der Multiplikator*innenschulungen in Berlinnach oben

Die Regionalstelle Berlin konnte im November in die letzte Phase ihrer Multipklikator*innenschulungen übergehen und diese erfolgreich abschließen. Dabei wurden Module zum Bildungssystem in Deutschland, der Rolle von Migrant*innenorganisationen, und der konkreten Arbeit von Elterngremien in zwei ganztägigen Veranstaltungen umgesetzt. Kooperationspartner*innen waren das Berliner BEFaN-Netzwerk, die Stiftung Bildung, welche die Veranstaltungsräume zur Verfügung stellte und der Verein NARUD e.V. 

Die Veranstaltungen waren äußerst erfolgreich und brachten informative Inhalte und kritische Ansätze produktiv zusammen. Besonders interessant war die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ebenen der Elternteilhabe sowie den Rechten und Pflichten migrantischer und migrantisierter Eltern, die sich oft überforderten Strukturen gegenüber sehen. Im Kontext einer Diskussion zu Diversitätskritik an Schulen, konnte auch das Thema Neurodivergenz und seine Verschränkung mit Rassismusformen angesprochen werden. 

Berlin

Veröffentlichung der ersten PartEl-Fachinterviewsnach oben

2024 ist uns außerdem gelungen, eine PartEl Fachinterviewreihe mit Expert*innen aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Migrant*innenorganisationen zu beginnen. Diese Interviewreihe wird 2025 fortgeführt und Themen an der Schnittstelle von Bildung und Teilhabe weiter ansprechen. 

In diesem Rahmen sprach Dr. Seyran Bostanci, Wissenschaftlerin am DeZIM-Institut, im Interview "Eine gute Mischung" - Ausschluss und Teilhabe in der frühkindlichen Erziehung und Bildung über die Herausforderungen migrantischer Familien. Sie hob hervor, dass Kinder mit Migrationsgeschichte oft benachteiligt sind, sei es durch Kitaplatzmangel oder institutionellen Rassismus. Dr. Bostanci plädierte für diskriminierungskritische, diversitätsbewusste Entwicklungsprozesse in Kitas und die Notwendigkeit zur Selbstreflexion, um allen Kindern Zugehörigkeit und gerechte Bildungschancen zu ermöglichen. Dafür forderte Sie unterstützende Strukturen und vermehrte Kooperation mit Anti-Diskriminierungsstellen.

In PartEl-Interview "Am Ende muss man diesen Schritt tun" - Migrantische Elternbeteiligung in Ostdeutschland beschrieb Mamad Mohamad, Geschäftsführer von LAMSA e.V., die Herausforderungen migrantischer Eltern in Ostdeutschland. Obwohl Teilhabe, vorallem in der frühkindlichen Erziehung, teils besser als in Westdeutschland funktioniert, erschweren Diskriminierung, strukturelle Hindernisse und das Fehlen langfristig ansässiger Migrant*innengemeinschaften die Integration. Mohamad betonte das Potenzial gemeinsamer Interessen zwischen Migrant*innen und Ostdeutschen, um für mehr Bildungsgerechtigkeit zu kämpfen. Er verwies auf die Wichtigkeit von Vorbildern und die Notwendigkeit, Vorurteile abzubauen, um langfristige Perspektiven und Teilhabe für migrantische Familien zu fördern. 

Wissenschaft

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