Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Familien- und Elternbildung

Als Familienbildung wird eine spezielle Form der Bildungsarbeit bezeichnet, die das Ziel verfolgt, die Erziehungsverantwortung sowie die Erziehungskompetenz in den Familien zu stärken (vgl. Kadera/Minsel 2018, S. 1254; Jares 2015). Dabei sollen steigende Erziehungsanforderungen, unterschiedliche Familienkonstellationen sowie unterschiedliche Lebens- und Bedarfssituationen der Familien mit einbezogen und berücksichtigt werden. Familienbildung zielt vor allem darauf ab, die Familien und Eltern zu stärken, die nicht in der Lage sind oder sich nicht in der Lage fühlen, ihrer Erziehungsverantwortung und ihrem Erziehungsauftrag gerecht zu werden (vgl. Fischer 2018, S. 514). Dabei handelt es sich primär um Präventiv-, Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für Eltern in Form von Erwachsenenbildung, weshalb auch oft der Begriff der Elternbildung verwendet wird (vgl. Kadera/Minsel 2018, S. 1254). Unter Familienbildung wird jedoch auch der stärkere Einbezug des gesamten familiären Umfeldes verstanden, wobei Elternbildung lediglich die Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten im Blick hat (vgl. ebd.). Familien- und Elternbildung bilden damit eine Mischung aus Erwachsenenbildung und Sozialer Arbeit (vgl. Fischer 2018, S. 513).

Die Familienbildung und die darin enthaltene „Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie“ ist gesetzlich im Kinder- und Jugendhilfegesetze unter Paragraph 16 geregelt (Kadera/Minsel 2018, S. 1255). Neben der Stärkung der familiären und elterlichen Erziehungskompetenz zielt Familienbildung auch darauf ab, „Erziehungsberechtigte in die Lage zu versetzen, verantwortungsbewusst bei Entscheidungen in schulischen Bereichen mitzubestimmen“ (Kirk 2012, S. 188). Somit ist Eltern- und Familienbildung auch auf eine Förderung von Elternbeteiligung ausgerichtet. Familien- und Elternbildung umfasst zudem Angebote zur „Gesundheitsförderung, zur kulturellen Bildung, Haushaltsführung, Lebensführung, im Freizeitbereich und zum sozialen Engagement“ (BMFSFJ 2018). Angebotsformen der Familien- und Elternbildung sind Fortbildungskurse (Elternkurse), Trainingsprogramme (Elterntrainings) oder Informations- und Beratungsveranstaltungen (vgl. BMFSFJ 2018; Kadera/Minsel 2018, S. 1258f; Jares 2015), die dazu dienen, Informationen, Kompetenzen und Wissen zu vermitteln, die als Orientierungshilfe für die Erziehung der Kinder dienen. Diese Angebote und Maßnahmen werden in der Regel von „etablierten Institutionen wie Familienbildungsstätten […] oder auch Beratungsstellen […] angeboten“ (Kadera/Minsel 2018, S. 1261) und stehen allen Eltern sowie Erziehenden „unabhängig von einem konkreten erzieherischen Bedarf offen“ (BMFSFJ 2018).

Interkulturelle Öffnung der Familien- und Elternbildung

Eltern mit Migrationshintergrund nehmen Angebote der Familien- und Elternbildung vergleichsweise seltener in Anspruch als Eltern ohne Migrationshintergrund (vgl. Rochow 2008, S. 1). Grund dafür ist eine „doppelte Bildungsdistanz“ (Fischer 2017, S. 150). Einerseits bestehen seitens der Eltern mit Migrationshintergrund Hemmschwellen und Zugangsbarrieren, „die zu einer Skepsis und Distanz gegenüber der Einrichtung“ (ebd.) führen. Andererseits gibt es seitens der Bildungseinrichtungen und des pädagogischen Personals „Defizite bei der Ansprache von Zugewanderten und ihren Familien und deren Integration in das Veranstaltungsangebot“ (MFKJKS 2010, S. 6).

Um die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und Chancengleichheit der Eltern mit Migrationshintergrund zu ermöglichen, sollten Angebote der Familien- und Elternbildung daher „noch stärker auf die Bedarfe eingewanderter Familien ausgerichtet werden, indem Zugangsbarrieren zum Regelangebot abgebaut werden und dieses interkulturell geöffnet wird“ (Rochow 2008, S. 4). Dazu muss Familien- und Elternbildung diversitätsbewusster werden, indem sich die Personalentwicklung, Zielgruppenansprache und die angebotenen Maßnahmen stärker auf Familien mit Migrationshintergrund und deren Bedürfnisse anpassen (vgl. Fischer 2017, S. 150; Fischer 2018, S. 521). Hierfür braucht es jedoch zunächst einmal eine „Anerkennung kultureller Pluralität und Diversität“ (Fischer 2018, S. 518).


Dieser Beitrag basiert auf folgenden Quellen:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2018): Familienbildung und Familienberatung. [31.07.2019]

Fischer, Veronika (2017): Familienbildung – Orte gelebter Diversität? Der Beitrag bürgerschaftlichen Engagements von Migrantenorganisationen zur Interkulturellen Öffnung der Familienbildung, in: Groß, Torsten/Huth, Susanne/Jagusch, Birgit/Klein, Ansgar/Naumann, Siglinde (Hrsg.) (2017): Engagierte Migranten. Teilhabe in der Bürgergesellschaft, Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts, S. 147-153.

Fischer, Veronika (2018): Familienbildung – diversitätsbewusst und inklusiv, in: Blank, Beate/ Gögercin, Süleyman/Sauer, Karin E./Schramkowski, Barbara (Hrsg.) (2018) Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft: Grundlagen – Konzepte – Handlungsfelder, Springer Fachmedien, Wiesbaden, S. 513-523.

Jares, Lisa (2015): Familienbildung als familienübergreifendes Bildungsangebot. [31.07.2019]

Kadera, Stepanka/Minsel, Beate (2018): Elternbildung – Weiterbildung im familialen Kontext, in: Tippelt, Rudolf/Hippel, Aiga von (Hrsg.) (2018): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung, Springer VS, Wiesbaden, S. 1253-1267.

Kirk, Sabine (2012): Elternmitwirkung im schulrechtlichen Rahmen der Ländergesetzgebung, in: Stange, Waldemar/Krüger, Rolf/Henschel, Angelika/Schmitt, Christoff (Hrsg.) (2012): Erziehungs- und Bildungspartnerschaften, Springer VS, Wiesbaden, S. 182-189.

Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (MFKJKS) (2010): Praxisleitfaden. Interkulturelle Öffnung der Familienbildung. [31.07.2019]

Rochow, Svea (2008): Familienbildung in der Einwanderungsgesellschaft – Interkulturelle Öffnung als Handlungsauftrag für die Familienbildung, in: Mobile Familienbildung – AWO Bundesverband e.V.: Schauplatz Familienbildung, Handreichung zu Bildungs- und Beratungsangeboten für Eltern und Familien. [31.07.2019]


Weiterführende Literatur und Praxisbeispiele:

Arbeiterwohlfahrt e.V.: familienbildung.info [31.07.2019]

Bird, Katherine/Hübner, Wolfgang (2013): Handbuch der Eltern- und Familienbildung mit Familien in benachteiligten Lebenslagen, Verlag Barbara Budrich, Opladen. ˜

Boos-Nünning, Ursula u.a. (2016): Bildungsbrücken bauen: Stärkung der Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund. Ein Handbuch für die Elternbildung, Waxmann, Münster.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2009): Wie erreicht Familienbildung- und Beratung muslimische Familien? Eine Handreichung. [31.07.2019]

Fischer, Veronika (2012): Im Blickpunkt: Migration. Eltern stärken – Teilhabe verbessern. Eine Expertise im Rahmen des Projekts: Familienbildung während der Grundschulzeit. Sorgsame Elternschaft „fünf bis elf“. [31.07.2019]

Fischer, Veronika (2014): Interkulturelle Öffnung in der Familienbildung, in: Vanderheiden, Elisabeth /Mayer, Claude-Hélène (Hrsg.) (2014): Handbuch Interkulturelle Öffnung, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, S. 246-254.

Landesarbeitsgemeinschaften der Familienbildung in NRW (2015): Familienbildung in NRW. Ein starker Bündnispartner für Familien in Nordrhein-Westfalen. Eine Bestandsaufnahme der Landesarbeitsgemeinschaften der Familienbildung in NRW 2014. [31.07.2019]

Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (2006): Praxisleitfaden. Interkulturelle Öffnung der Familienbildung. [31.07.2019]

Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (2008): Zuwanderung – Eine Chance für die Familienbildung. Bestandsaufnahme und Empfehlungen zur Eltern- und Familienbildung in Nordrhein-Westfalen. [31.07.2019]

Mobile Familienbildung – AWO Bundesverband e.V. (2008): Schauplatz Familienbildung, Handreichung zu Bildungs- und Beratungsangeboten für Eltern und Familien. [31.07.2019]

Zurück zum Seitenanfang