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Migranten(eltern)organisationen

Migrantenorganisationen (MOs) sind freiwillige Zusammenschlüsse von Menschen mit Migrationshintergrund, die häufig als Reaktion auf bestehende „Notwendigkeiten und Bedürfnisse“ entstanden sind (Huth 2017, S. 582). Die Ziele, Zwecke und Ausgestaltung von Migrantenorganisationen sind dabei sehr unterschiedlich, da sie sich im Wesentlichen aus den jeweiligen Situationen, Interessen, Anliegen und Bedürfnissen der Menschen mit Migrationshintergrund ergeben (vgl. Pries 2013, S. 1). So gibt es z.B. Kultur-, Sport-, Freizeit-, Bildungs- und politische Organisationen (vgl. Huth 2017, S. 582).

Migrantenorganisationen bilden einen wichtigen Rahmen für das bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund (vgl. ebd.). Lange Zeit dominierte in der politischen wie öffentlichen Debatte die Frage, ob MOs integrationsfördernde „Brückenbauer in die Gesellschaft“ oder aber integrationshinderliche „Elemente einer sich bildenden Parallelgesellschaft“ darstellen (ebd., S. 582f). Heute werden MOs immer mehr als gesellschafts- und integrationspolitische Akteure wahrgenommen, die wichtige Multiplikatoren- und Vermittlungsfunktionen übernehmen (vgl. Huth 2011, S. 3f; Huth 2017, S. 583).

Von besonderer Bedeutung ist dabei das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund im Bildungsbereich. So gründeten sich in den letzten 50 Jahren zahlreiche Elternvereine und -netzwerke mit dem Ziel, Einfluss auf die Bildungssituation der Kinder und Jugendlichen nehmen zu können. Ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit besteht darin, Eltern über ihre Rechte zu informieren und ihnen Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen, aber auch ihre Anliegen und Interessen auf politischer Ebene zu vertreten (vgl. Alpbek 2017, S. 177).

Die ersten Elternvereine wurden von spanischen Eltern gegründet, die sich im Bund der Spanischen Elternvereine in der Bundesrepublik Deutschland e. V. zusammengeschlossen haben. Diese erkannten sehr früh, dass die Bildungssituation ihrer Kinder eine große Auswirkung auf die späteren sozialen und beruflichen Chancen haben würde und organisierten sich, um die Probleme gemeinsam anzugehen (vgl. BBE, S. 24). Mit der Zeit gründeten sich weitere Elternorganisationen, darunter z.B. auch die Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland e.V., die als „Reaktion auf die Verschlechterung der Bildungssituation von türkeistämmigen Kindern im deutschen Bildungssystem“ entstanden ist (Alpbek 2017, S. 177). Alle Elternorganisationen haben das gemeinsame Ziel, die Kinder auf ihrem Bildungsweg zu begleiten sowie die Eltern in die Lage zu versetzen, sich effektiver um die Bildung ihrer Kinder kümmern und die vorhandenen Beteiligungsmöglichkeiten im Bildungssystem wahrnehmen zu können.

Migrantische Elternorganisationen haben das Potenzial, Familien aus den jeweiligen Communities zu erreichen und gleichzeitig als „vertrauenswürdige Kommunikatoren“ sowohl für Eltern als auch für Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sowie Politik zu agieren (SVR 2014, S. 7). Aus diesem Grund wird ihre Arbeit zunehmend wertgeschätzt und angefragt, vor allem in Form von einer „Zusammenarbeit mit anderen Institutionen aus dem Bildungs-, Sozial- und Wohlfahrtsbereich“ (DPG 2010, S. 19).


Dieser Beitrag basiert auf folgenden Quellen:

Alpbek, Mehmet (2017): Schule und Kindertageseinrichtungen, in: Groß, Torsten/Huth, Susanne/Jagusch, Birgit/Klein, Ansgar/Naumann, Siglinde (Hrsg.) (2017): Engagierte Migranten. Teilhabe in der Bürgergesellschaft, Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts, S. 173-178.

Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) (2011): Integrationsförderung durch Elternvereine und Elternnetzwerke. Ein Beitrag von Migrantenorganisationen in Ost- und Westdeutschland. [31.07.2019]

Der Paritätische Gesamtverband (DPG) (2010): Gemeinsam stark. Perspektiven der partizipativen Elternarbeit von Migrantenorganisationen. [31.07.2019]

Huth, Susanne (2011): Migrantenorganisationen in Hessen – Motivation und Hinderungsgründe für bürgerschaftliches Engagement. Explorative Studie im Rahmen des Hessischen Landesprogramms ‚ Modellregionen Integration‘. [31.07.2019]

Huth, Susanne (2017): Migrantenorganisation, in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.) (2017): Fachlexikon der Sozialen Arbeit, Nomos, Baden-Baden, S. 582-583.

Pries, Ludger (2013): Migrantenselbstorganisationen. Umfang, Strukturen, Bedeutung. Kurzdossier, in: focus Migration Nr. 21.

Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (2014): Migrantenorganisationen in der kooperativen Elternarbeit: Potenziale, Strukturbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten. [31.07.2019]

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