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Mehrsprachigkeit und Herkunftssprache

Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Durch sie „verleihen wir unseren Gedanken Ausdruck und sind in der Lage, zu kommunizieren“ (Piepenbrink 2010, S. 2). Sprache ist die Grundlage für gegenseitiges Verstehen und ermöglicht Teilhabe, das heißt den Zugang zum sozialen, kulturellen und politischen Leben. Sie kann somit „Türen zur Welt öffnen, indem sie Zugänge zur Gesellschaft schafft“ (Sıkcan 2007).

Dem Spracherwerb kommt eine entscheidende Bedeutung für den Bildungserfolg von Kindern zu. Dieser wird „in den ersten Lebensjahren eines Kindes maßgeblich von Eltern und Familie geprägt“ (BAMF 2008, S. 55). Heutzutage wachsen immer mehr Kinder „mit mehreren und mitunter ganz verschiedenen Sprachen auf, die alle eng mit ihrer Identität verbunden sind und alle gleichermaßen ihre Persönlichkeit formen“ (Panagiotopoulou 2016, S. 5). Dabei sind die Sprachentwicklungen von Erst- und Zweitsprache sehr eng miteinander verbunden und so können Fähigkeiten von der einen auf die andere Sprache übertragen werden (vgl. Fürstenau, S. 36f).

Mehrsprachigkeit stellt, wie die aktuelle Sprachforschung zeigt, keine Einschränkung dar, sondern ist im Gegenteil vielmehr ein Potential für die kognitive sowie sprachliche Entwicklung eines Kindes (vgl. ebd., S. 32). Für die natürliche Sprachentwicklung des Kindes ist es von großer Bedeutung, dass die Eltern möglichst viel mit dem Kind interagieren und kommunizieren, damit Sprechanreize geschaffen werden (vgl. BAMF 2008, S. 56). Hierbei ist jedoch wichtig, dass Eltern „in derjenigen Sprache mit ihren Kindern sprechen, die sie am besten beherrschen und in der sie sich am wohlsten fühlen“ (ebd.).

Obwohl Mehrsprachigkeit zunehmend als gesellschaftliche Realität akzeptiert wird, ist sie noch nicht selbstverständlich (vgl. Panagiotopoulou 2016, S. 8). Herkunftssprachlicher Unterricht ist im deutschen Schulsystem nicht regulär verankert, sondern das Schulsystem ist nach wie vor an einer einsprachigen Schülerschaft orientiert (vgl. Fürstenau, S. 38ff). In der Folge werden Bildungseinrichtungen von mehrsprachigen Kindern oft als ein Ort erlebt, „an dem ihre Familiensprache nicht berücksichtigt wird und ihre bislang erworbenen Sprachkompetenzen keine Rolle spielen“ (Panagiotopoulou 2016, S. 5). Mehrsprachige Kinder erleben dies oftmals als „eine Abwertung ihrer Familiensprache(n) und ihrer Identität“ (Sıkcan 2007). Um dies zu ändern, sind Bildungseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten herausgefordert, „die gesamte kindliche Persönlichkeit anzuerkennen, sowie in ihrer Entwicklung zu unterstützen“ (Panagiotopoulou 2016: 5). Hierzu gehören auch eine stärkere Berücksichtigung und ein stärkerer Einbezug der Herkunftssprache in den Schul- und Bildungseinrichtungen.

Hier sind auch Eltern gefragt, indem sie bei einer mehrsprachigen Erziehung mithelfen (vgl. Sıkcan 2017). Sie gelten als Expert*innen ihrer Kinder und „verfügen über eine Sprachkompetenz, die die Lehrer/nnen nicht haben und können aktiv das Lernen mit den Lehrer/innen gemeinsam gestalten“ (AmkA 2016, S. 8). Dabei ist es von Bedeutung, Eltern als Partner wahrzunehmen, sie in die Lernprozesse einzubeziehen und sie „in ihrer Rolle als Sprachvorbild zu stärken“ (Kühn 2011, S. 32). Dazu müssen Eltern im Sinne von Empowerment befähigt und es ihnen ermöglicht werden, ihre Stärken und Kompetenzen einzubringen (vgl. ebd., S. 37).


Dieser Beitrag basiert auf folgenden Quellen:

Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) (2016): Mehrsprachigkeit. Aktionen und Projekte in Kindertagesstätte und Schule. [31.07.2019]

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2008): Sprachliche Bildung für Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. [31.07.2019]

Fürstenau, Sara (2011): Mehrsprachigkeit als Voraussetzung und Ziel schulischer Bildung, in: Fürstenau, Sara/Gomolla, Mechtild (Hrsg.) (2011): Migration und schulischer Wandel: Mehrsprachigkeit, VS Verlag, Wiesbaden, S. 25-50.

Kühn, Susanne (2011): Eltern mit Migrationshintergrund in die Sprachbildung einbeziehen. [31.07.2019]

Panagiotopoulou, Argyro (2016): Mehrsprachigkeit in der Kindheit. Perspektiven für die frühpädagogische Praxis, WiFF Expertise Band 46. [31.07.2019]

Piepenbrink, Johannes (2010): Sprache. Editorial, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 8/2010.

Sıkcan, Serap (2007): Mehrsprachige Kinder in einsprachigen Kindergärten, in: Kinder in Europa 12/07. [31.07.2019]


Weiterführende Literatur und Praxisbeispiele:

Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. (2016): Kindlicher Spracherwerb in mehrsprachigen Familien. [31.07.2019]

Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (2016): Förderung von Mehrsprachigkeit: Praxisvorschläge, Arbeitshilfen und Materialien. [31.07.2019]

Kinder- und Elternzentrum Kolibri e.V. (2018): Handreichung: Alltag mit mehrsprachigen Kindern und Eltern erfolgreich gestalten. [31.07.2019]

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